Bundesgericht verbietet Bau eines Inselhafens im Bodensee

 

Die Gemeinde Kesswil TG plante seit 1994 an einem neuen Bootshafen. Um der ungünstig flachen Ufertopografie auszuweichen, verlegten die Projektanten das Projekt in den See und sahen einen Inselhafen am seeseitigen Rand der Flachwasserzone vor. Die Umweltverbände, der Heimatschutz und Private wehrten sich seit Bekanntmachung der Planung im Jahr 1996 vehement dagegen. Das Thurgauische Verwaltungsgericht gab der Gegnerschaft Recht und hob die Konzession und Baubewilligung des Departements für Bau und Umwelt des Kt. Thurgau auf. Die Gemeinde zog den Fall weiter ans Bundesgericht, das jetzt das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt hat. Die Begründung des Urteils liegt noch nicht vor.

Die Gemeinde Kesswil besitzt zwei Bojenfelder und einen kleinen Gondelhafen. Alle diese Wasserliegeplätze sollten in einem Hafen zusammengeführt werden. Wegen der ausgedehnten und flachen Uferbank war ein Inselhafen an deren äusseren Rand vorgesehen. Zwei aufzuschüttende Inseln sollten das Hafenbecken mit den Schwimmstegen vor Wellenschlag schützen. Der Hafen wäre über einen Steg zur einen Insel vom Ufer her zugänglich gewesen.
Umweltverbände und Heimatschutz wurden erst Ende 1996 über das Inselhafen-Projekt in Kenntnis gesetzt, als die Planung weitgehend abgeschlossen war. Die Verbände meldeten sofort klare Bedenken an, die bis heute dieselben geblieben sind. Damals wollten die Projektanten das Bauvorhaben in der rechtlich strikt geschützten Flachwasserzone sogar ohne Umweltverträglichkeitsprüfung durchsetzen. Das Departement für Bau und Umwelt des Kt. Thurgau (DBU) verhinderte das, so dass es 2000 zur erneuten Auflage kam. Das neue Projekt war nur unwesentlich kleiner dimensioniert, die grundsätzlichen Einwände der Verbände blieben unbeachtet. Die Gemeinde war nur zur Besprechung marginaler Details bereit und lehnte eine Diskussion der grundsätzlichen Problematik des Bauvorhabens bis zum Schluss ab. Die Umweltverbände und der Heimatschutz wehrten sich deshalb erneut gegen das Gesuch und machten wieder Einsprache.
Bereits 1998 hatte die Eidgenössische Natur- und Heimatschutz-Kommission (ENHK) in einem Gutachten umfassend Stellung genommen und die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens in Frage gestellt. Das zonenwidrige Bauvorhaben brauchte eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG, und Kesswil ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als Ortsbild von nationaler Bedeutung eingestuft. Der Inselhafen hätte nach Ansicht des Heimatschutz das Ortsbild nachhaltig geschädigt, und die Umweltverbände stellten viele Mängel im Umweltverträglichkeitsbericht fest, so dass nachhaltiger Schaden an der Ufer- und Flachwasserzone zu befürchten war. Es wurde auch unterlassen, verschiedene Bauvarianten einer Hafenanlage bzw. eine sanfte Sanierung der Bojenfelder vergleichend zu prüfen.
Das DBU wies die Einsprachen der Verbände dennoch ab und erteilte eine Konzession und Baubewilligung. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerden der Umweltverbände, des Heimatschutzes und von Privaten gut. Trotzdem entschied sich die Gemeinde, das Bundesgericht anzurufen. Die vom Bundesgericht angeforderten Stellungnahmen der Bundesämter BUWAL und ARE und eine weitere Stellungnahme der ENHK fielen zu Ungunsten des Hafenprojekts aus und stärkten die Standpunkte der Hafengegnerschaft, die jetzt letztinstanzlich Recht behalten hat. Das Beispiel zeigt einmal mehr eindrücklich, welch wichtige Funktion das Verbandsbeschwerderecht beim Vollzug des Umweltrechts hat. (weitere Infos: www.verbandsbeschwerde.ch)
Umweltverbände und Heimatschutz bedauern ausdrücklich, dass die Gemeinde nie gesprächsbereit gewesen ist. Dadurch haben sich die Fronten immer mehr verhärtet. Das Bauvorhaben steckte schon 1998 ganz offensichtlich in einer Sackgasse. Ein Umdenken und eine Neuorientierung zum damaligen Zeitpunkt hätten eventuell den Rechtsweg abwenden können. Weitere Auskünfte: Andreas Bally, Vorstandsmitglied WWF Bodensee/Thurgau, 079 755 85 00 Heinz Reinhart, Geschäftsführer des Thurgauer Heimatschutzes, 079 356 97 42

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.