Volksinitiative von FDP-Sektionen

 

Morgen Freitag lanciert die FDP- Zürich gemeinsam mit einigen Kantonalparteien eine Volksinitiative, mit der Volksentscheide über geltendes (Umweltrecht) Recht gehoben werden sollen. Für Stellungnahmen und Einschätzungen werden Beat Jans, Abteilungsleiter Pro Natura, Tel. 076 346 86 43 und Carsten Schmidt, Leiter Rechtsdient WWF, Tel. 076 393 30 60 an der Medienkonferenz der FDP persönlich anwesend sein.

Erlauben Sie uns, schon heute auf einige Aspekte der FDP-Zürich-Initiative hinzuweisen. 1. Der Initiativtext schliesst das Verbandsbeschwerderecht nach Planungs- und Kreditbeschlüssen aus. Davon betroffen sind kommunale Nutzungspläne sowie in-besondere Sondernutzungspläne. Solcher Planugspflicht unterliegen: Kraftwerkprojekte, Skigebietserweiterungen, Deponien, Kiesgruben, Übertragungsleitungen oder Strassen. 2. In einem Rechtsstaat werden Gesetze vom Parlament oder durch Volksentscheide erlassen und Gerichte überprüfen, ob der Vollzug dem geltenden Recht entspricht. An diesen Grundwerten versucht die Initiative zu rütteln. Die Initiative ist damit staatspolitisch äusserst bedenklich: Darf nach Ansicht der FDP-Zürich die Umsetzung von Volksentscheiden rechtswidrig sein? Selbst die NZZ bezeichnet die Initiative als „nicht zielführend“ und als „willkürlichen Ansatz“. Zum gleichen Schluss kommt ein Rechtsgutachten von Dr. iur. Daniela Thurnherr (siehe www.verbandsbeschwerde.ch, Unterlagen). 3. Praktisch sämtliche UVP-Vorhaben könnten juristisch mittels des Verbandsbeschwerderechtes nicht mehr überprüft werden. 4. Umweltverbände könnten bei vielen Projekten auch in nationalen und kantonalen Schutzgebieten das Verbandsbeschwerderecht nicht mehr geltend machen. 5. Das auf völlige Belanglosigkeit gestutzte Verbandsbeschwerderecht wäre europäisch gesehen eines der wirkungslosesten. Selbst in Italien hätten Umweltverbände mehr Rechtsmittelmöglichkeiten (Rekursrecht besteht dort generell für Schutzgebietseingriffe und entlang der Meeresküste). 6. Die Initiative steht völlig quer zu der von zahlreichen EU-Staaten bereits ratifizierten Aarhus-Konvention von 1998 zur Stärkung der Verbandsklage. 7. Die Schweiz würde einen gewaltigen Rückschritt in Sachen Umweltschutz machen. Die Garantie eines einheitlichen Gesetzesvollzuges wäre nicht mehr erfüllt. Ein Investor erwartet hingegen stabile und rechtsgleiche Bedingungen. Eine von Parlamentsdebatten bzw. Gemeindeversammlungen abhängige Auslegung der Umweltnormen schafft kein gutes Investitionsklima. Will das die FDP-Zürich? 8. Konflikte bzw. der Interessensausgleich zwischen dem Schutz unserer Umwelt und der Interessen von Bauherren können nicht damit gelöst werden kann, in dem der eine Kontrahent aus dem Spiel genommen wird. Die Abhängigkeit von Volksabstimmungen und Parlamentsbeschlüssen würde bedeuten, dass der gesetzliche Umweltschutz (immerhin ein Verfassungsgrundsatz) von Mal zu Mal neu zur Disposition steht und dem jeweiligen Zeitgeist untersteht. Beim Naturschutz geht es aber darum, oftmals irreversible Schäden zu vermeiden. Die Umweltorganisationen bedauern, dass sich einige FDP-Kantonalparteien dem Populismus unterwerfen. Unter der Federführung des FDP-Präsidenten Schweiger hat die Rechtskommission des Ständerates soeben die Arbeiten zur Einschränkung des Verbandsbeschwerderechtes abgeschlossen. Die unsachliche Initiative ist auch vor diesem Hintergrund als Zwängerei und als Effekthascherei anzusehen. Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie in Ihrer Berichterstattung unsere Bedenken berücksichtigen. Mit freundlichen Grüssen In Vertretung der beschwerdeberechtigten Umweltorganisationen David Häne, Geschäftsleitung WWF Schweiz PS1: Am 8. Oktober 2004 hat der FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger den identischen Text der Volksinitiative als Parlamentarische Initiative eingereicht. Durch solche Doppelspurigkeiten wird weder der Text besser noch die Effizienz des Parlaments. Oder trauen sich die FDP-Sektionen doch nicht zu, die Unterschriften zusammenzubringen? Weitere Auskünfte: Philipp Maurer, Schweizer Heimatschutz, 01 254 57 00; David Häne, WWF 01 297 22 41; Raimund Rodewald, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz , 031 312 20 01; Beat Jans, Pro Natura, 061 317 92 22; Adrian Schmid, VCS, 076 342 39 51; Christof Dietler, Koordination, 079 777 78 37.

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.