Opportunistische Unterstützung der Initiative des Zürcher Freisinns ist widersprüchlich und schadet Natur und Umwelt

 

17 Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz und Natursport verurteilen die völlig unverständliche Kehrtwende des Bundesrats scharf. Die Unterstützung der Initiative des Zürcher Freisinns widerspricht allen Einschätzungen, die der Bundesrat im Zusammenhang mit dem Verbandsbeschwerderecht bisher vorgenommen hat. Der Bundesrat desavouiert damit Parlament, Öffentlichkeit, Umweltorganisationen, aber auch sich selbst. Er schadet den Anliegen von Natur und Umwelt, die ihre Interessen selber nicht wahrnehmen können.

Mit der Unterstützung der populistischen Volksinitiative des Zürcher Freisinns will der Bundesrat der FDP Schweiz helfen, um eine interne Zerreisprobe herumzukommen. Die 17 Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz und Natursport verurteilen diese partei-hygienische Interessenabwägung auf Kosten des Umweltschutzes scharf. Die Eidgenössische Volksinitiative des Zürcher Freisinns will das Verbandsbeschwerderecht faktisch abschaffen. Die Initiative des Zürcher Freisinns vertritt zudem einen für einen Rechtsstaat nicht haltbaren Vorrang demokratischer Entscheide: Nach Abstimmungen oder Erlassen von Parlamenten, Gemeindeversammlungen oder Volksabstimmungen sollen auch gesetzwidrige Bauvorhaben oder Zonenänderungen nicht mehr auf die Rechtskonformität hin überprüft werden können. Die Initiative ist daher vom Bundesrat im Herbst 2006 mit deutlichen Worten zur Ablehnung empfohlen worden. Zitat aus der Medienmitteilung des Bundesrates vom 13. September 2006: «Die Initiative rennt offene Türen ein. Eine weitergehende Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts im Sinne der Initiative wäre nicht sachgerecht. Deshalb empfiehlt der Bundesrat die Initiative zur Ablehnung.» (siehe auch Kasten auf nächster Seite) Bundesrat desavouiert Kompromiss des Parlaments Im Dezember 2006 hat das Parlament die Debatte zur Schwächung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des Verbandsbeschwerderechts abgeschlossen. Eine Berücksichtigung des Inhalts der Initiative war im Parlament nicht mehrheitsfähig. In der über dreijährige Diskussion hat sich das Parlament im Dezember 2006 einen Kompromiss beschlossen. Das Verbandsbeschwerderecht wird eingeschränkt und die Umweltorganisationen werden zurückgebunden. Der Bundesrat desavouiert nun diesen nach langer Arbeit gefundenen Kompromiss.

Umweltorganisationen hoffen auf das Parlament
Die Organisationen von A wie Alpenclub bis W wie WWF fordern das Parlament auf, seiner bisherigen Haltung treu zu bleiben und die Initiative des Zürcher Freisinns ohne wenn und aber abzulehnen. Sie soll rasch und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung gebracht werden. Die Organisationen sind zuversichtlich, dass die Bevölkerung die Natur und Umwelt nicht im Regen stehen lassen wird – es braucht ein griffiges Verbandsbeschwerderecht, damit die Interessen von Natur und Umwelt vertreten und geschützt werden können.

Auszug aus der Medienmitteilung des Bundesrates vom 13.09.2006:
Gegen die Initiative spricht aus Sicht des Bundesrates:
- Das Verbandsbeschwerderecht hat zum Ziel, das allgemeine öffentliche Interesse an der richtigen Durchsetzung des Umweltrechts sicherzustellen. Der Bundesrat will nicht, dass dieses Rechtsmittel in zentralen Bereichen geschwächt wird.
- Auch Projektentscheide von Parlament und Stimmvolk dürfen gemäss der Bundesverfassung dem Bundesrecht nicht widersprechen. Die Initiative würde bei ihrer Annahme deshalb das verfassungsmässige Gebot zur Umsetzung des Bundesrechts empfindlich schwächen.
- Wenn das Verbandsbeschwerderecht davon abhängt, ob ein Volks- oder Parlamentsentscheid vorliegt, kann dies bedeuten, dass vergleichbare Projekte mit denselben Auswirkungen auf Raum und Umwelt im Kanton A unter das Verbandsbeschwerderecht fallen, im Kanton B aber nicht. Der Anwendungsbereich des Verbandsbeschwerderechtes hängt somit davon ab, wie die Zuständigkeitsordnung in den Kantonen ausgestaltet ist oder ob ein Entscheid im Einzelfall dem Parlament oder dem Volk unterbreitet wird. Die Initiative stellt deshalb die landesweit einheitliche Durchsetzung des Bundesrechts in Frage.
- In den meisten Verfahren, in denen Umweltverbände Beschwerde führen, wird sehr oft gleichzeitig von Privaten und Gemeinwesen Beschwerde geführt. Wenn man aber Volks- und Parlamentsentscheide nicht generell von einer gerichtlichen Prüfung ausnehmen will, ist es weder sinnvoll noch gerechtfertigt, Umweltverbände anders als Private und Gemeinwesen zu behandeln.

Weitere Auskünfte: Raimund Rodewald, Stiftung für Landschaftsschutz, 079 406 40 47; Beat Jans, Pro Natura, 076 346 86 43; Philipp Maurer, Heimatschutz, 079 737 60 77; Hans-Peter Fricker, WWF, 078 850 19 49; Adrian Schmid, VCS, 076 342 39 51; François Turrian, ASPO/BirdLife-Suisse, 079 318 77 75.

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.