Vollzug des Umweltschutzrechts wird geschwächt

 

Nach dem Abschluss der Beratungen der Rechtskommission des Ständerechts bilanzieren die 11 beschwerdeberechtigten Umweltorganisationen eine Schwächung des Verbandsbeschwerderechts. Die Einsprachemöglichkeiten der Organisationen werden eingeschränkt, der administrative Aufwand steigt, genauso das Kostenrisiko. Die Umweltschutzorganisationen bedauern, dass mit den neuen Bestimmungen Gespräche und Verhandlungen mit Investoren mit hohen Risiken für die Organisationen belastet sind. Damit drohen rasche, pragmatische Lösungen verunmöglicht zu werden. Die Verbände begrüssen demgegenüber, dass die Kommission dem systematisch aufgebauten politischen Druck nicht nachgibt und das Verbandsbeschwerderecht als wichtiges Vollzugsinstrument des Umweltschutzrechts zumindest im Grundsatz bestätigt.

Seit Beginn der Diskussionen im Februar 2004 signalisierten die Umweltorganisationen der Rechtskommission Gesprächsbereitschaft und Kooperation. An einem Hearing, einer Vernehmlassung sowie gegenüber der Öffentlichkeit legten die Organisationen ihre Beschwerdetätigkeit offen. Externe Untersuchungen sowie der Bundesrat betonen: das Verbandsbeschwerderecht wird verhältnismässig eingesetzt, ist erfolgreich und leistet einen positiven Beitrag zur Anwendung des Umweltrechts in der Schweiz. Systematisch aufgebauter Druck. Das Verbandsbeschwerderecht wurde im Laufe der Debatte der Parlamentarischen Initiative von Hans Hofmann (SVP, Zürich) von ideologisch motivierten Organisationen wie der Avenir Suisse und Exponenten aus dem Kanton Zürich konsequent zum Symbol der Verhinderung des Wirtschaftswachstums aufgebaut. Was als Vereinfachung der Umweltverträglichkeitsprüfung und als „Mittel zur Verhinderung von Missbräuchen“ angekündigt worden war, hätte zur deutlichen Schwächung des Umweltschutzes werden sollen. Fakten interessierten nicht, Behauptungen von Franz Jaeger zum gigantisch hohen Investitionsstau oder Vorfälle wie das SBB-Stromblackout dienten als Vorlage zur undifferenzierten Diffamierung der Non Profit Organisationen und des Verbandsbeschwerderechts. Federn gelassen, aber nicht gerupft. Die Umweltschutzorganisationen begrüssen es deshalb, dass die teilweise abstrusen populistischen Ideen zur Schwächung des Verbandsbeschwerderechts keinen Eingang in die Vorlage der Kommission gefunden haben. Trotzdem bedeuten die nun vorliegenden Beschlüsse eine Schwächung des Verbandsbeschwerderechts: -       die Einsprachemöglichkeiten werden eingeschränkt (siehe Beschränkung Rügebereich und Neudefinition der UVP-pflichtigen Bauten und Anlagen) -       die Organisationen müssen mit der Auferlegung von hohen Verfahrenskosten rechnen, obwohl sie die Rechtsmittel nur stellvertretend für die Natur ergreifen; -       einige der neuen Bestimmungen werden die Verfahren verlängern und verkomplizieren; Am gravierensten ist jedoch, dass Verhandlungen zwischen Gesuchstellern und Umweltschutzorganisationen so gut wie verunmöglicht werden, weil die Umweltschutzorganisationen befürchten müssen, bei der kleinsten Forderung „zuviel“ von einem allfällig nachfolgenden Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen zu werden. Da viele Investoren bei strittigen Projekten aber ein grosses Interesse an Verhandlungen mit den Umweltschutzorganisationen haben, verfehlt die Vorlage hier das Ziel klar. Die Organisationen begrüssen jedoch, dass mit den vorgeschlagenen Änderungen der Anspruch an interne Qualitätssicherung sowie externe Kommunikation und Transparenz nochmals steigt. Dazu haben sie immer klar ja gesagt. Ebenso ist es ihnen eine Selbstverständlichkeit, nur aus idellen Motiven tätig zu werden. Weitere Versachlichung der Diskussion notwendig. Die Umweltorganisationen zählen nun darauf, dass die Diskussionen weiter versachlicht werden. Peinliche Manöver wie die nachträglich nicht bestätigte oder gar widerrufene Anlastung von Investitionsstaus oder Stromausfällen an die Umweltorganisationen dürften in Zukunft weniger Gehör finden. Unter diesen Umständen erhoffen sich die Umweltschutzorganisationen noch Verbesserungen der Vorschläge der Rechtskommission im Ständerat in der Herbstsession. Weitere Auskünfte: Raimund Rodewald, Stiftung für Landschaftsschutz, 031 312 20 01; Philipp Maurer, Heimatschutz, 044 254 57 00; David Häne, WWF, 044 297 22 41; Beat Jans, Pro Natura, 061 317 92 22; Adrian Schmid, VCS, 076 342 39 51; François Turrian, ASPO/BirdLife-Suisse, 079 318 77 75; Christof Dietler, Koordination Verbandsbeschwerderecht, 081 286 36 21

Unterstützt von:
SAC-Schweizer Alpenclup, Schweizerische Energie-Stiftung, Alpen-Initiative, Greina-Stiftung und Naturfreunde Schweiz

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.