Auch Nationalrat soll Initiative ablehnen und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung bringen

 

Das Beschwerderecht der Umweltorganisationen war auch im Jahr 2007 erfolgreich und ist wohl genau daher politisch umstritten. In 76% aller Fälle mussten 2007 Korrekturen zu Gunsten der Natur vorgenommen werden; nur 16% der Verfahren gingen verloren. Eine Allianz von 22 Natursportverbänden und Umweltorganisationen veröffentlicht ihre gemeinsame Statistik am 26. Februar in Bern. Am 24. Februar hatten sich fast zwei Drittel der Aargauer Stimmbevölkerung gegen eine weitere Einschränkung beim Beschwerderecht ausgesprochen. Die Einschränkungen von 2007 genügen. Die Organisationen fordern, dass die völlig isolierte eidgenössische Volksinitiative des Zürcher Freisinns rasch und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung gebracht wird.

Die Umweltorganisationen belegen mit der Auswertung ihrer Arbeit als „Anwälte der Natur“, dass sie das Beschwerderecht seriös und für die Umwelt erfolgreich einsetzen. Die in der Zusammenstellung involvierten 22 Organisationen haben erwirkt, dass im Jahr 2007 die Behörden bei 76% von total 242 umstrittenen Bauprojekten Korrekturen zu Gunsten der Natur vornehmen mussten. Von den im Jahr 2007 abgeschlossenen Fällen wurden 56% rasch auf Stufe Gemeinde erledigt. Nur ein kleiner Teil der Verfahren endete auf höherer Ebene: 8 vor Bundesgericht, 12 vor der Bundesverwaltung und 22 vor dem Verwaltungsgericht. Diese Zahlen bestätigen die Ergebnisse der Vorjahre.

Erfolgreiches Instrument gestutzt
Trotz diesem Leistungsausweis sehen sich die Umweltorganisationen mit weiterer Bevormundung konfrontiert. Parlament und Bundesrat haben das Verbandsbeschwerderecht per 1. Juli 2007 empfindlich eingeschränkt und den Verbänden erheblichen Mehraufwand beschert. Der Druck der Initiative des Zürcher Freisinns hat sein Ziel bereits erfüllt: Den Organisationen werden Kosten auferlegt, die Bedeutung des Beschwererechts wird geringer und die Umweltverträglichkeitsprüfung reduziert. UVEK und BAFU gehen mit dem Entwurf zur Verordnung über beschwerdeberechtigte Organisationen noch einen Schritt weiter.

Amtliche Bevormundung verärgert die Umweltorganisationen
Der Verordnungsentwurf von UVEK/BAFU ist geprägt von unnötigen Papierübungen, von Aufwand und Meldepflichten, die das Prinzip der Verhältnismässigkeit verletzen. Diese administrative Gängelei ist nicht zuletzt mit erheblichen Verwaltungskosten auch für das BAFU verbunden. Weder aus den Gesetzesgrundlagen noch aus dem Bericht der Rechtskommission vom Juni 2005 lässt sich die teuere Papierübung ableiten. Der Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Raimund Rodewald, bringt es auf den Punkt: „Wir haben es satt, einerseits im Interesse der Natur die heissen Kartoffeln aus dem Feuer zu holen und andererseits ohne Bezug zu Fakten unter Verdacht und Kontrolle gestellt zu werden.“

Deutliches Aargauer Signal gegen weitere Einschränkungen
Dass es mit den per 1. Juli 2007 verabschiedeten Gesetzesanpassungen nun reicht, zeigt auch das Abstimmungsresultat vom 24. Februar im Kanton Aargau. Fast zwei Drittel des Aargauer Stimmvolkes sind gegen weitere Einschränkungen des Verbandsbeschwerderechts. Nur 36% haben weitere Einschränkungen unterstützt. Das heisst für den Kanton Aargau mit seinem hohen Anteil an SVP-Wählern, dass die ganze FDP-Basis geschlossen gegen weitere Einschränkungen des Beschwerderechts gestimmt hat. Dies ist ein deutliches Signal an die FDP Schweiz.

Breite Allianz bekämpft Initiative der Zürcher FDP
Für Werner Müller, Geschäftsführer des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz ist klar, dass das Beschwerderecht der Natur eingeschränkt wurde, gerade weil es wirkt. „Die Strafaktion von Parlament und Bundesrat trifft uns als kleine BasisOrganisation besonders hart. Wir haben die bisherigen Änderungen jedoch zu akzeptieren. Aber jetzt ist es genug - Natur und Landschaft dürfen nicht noch mehr Schutz verlieren.“ Im Hinblick auf die Debatte im Nationalrat fordert er im Verein mit seinen 500 lokalen Vogelschutz-Sektionen und 21 befreundeten Organisationen (Alpenclub, Fischereiverband, Naturfreunde, Schweizer Wanderwege, Pro Natura, VCS, WWF etc.), dass die Initiative des Zürcher Freisinns ohne Gegenvorschlag abgelehnt wird und rasch zur Abstimmung gelangt.

Catherine Martinson, Mitglied der Geschäftsleitung des WWF, betonte an der Medienkonferenz, dass gerade der WWF die enge Kooperation mit der Wirtschaft und die Tätigkeit als beschwerdeberechtigte Organisation bestens kombinieren könne. Auch aus wirtschaftlichen Überlegungen und den Prinzipien der Nachhaltigkeit gebe es für die Initiative des Zürcher Freisinns nur eine Lösung: „Ablehnen und die Zeit für die wirklichen Probleme in der Klima-, Verkehrs- und Umweltpolitik nutzen.“

Für weitere Auskünfte: Beat Jans, Pro Natura Schweiz, 076 346 86 43 Catherine Martinson, WWF Schweiz, 079 360 56 75 Werner Müller, Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz, 079 448 80 36 Raimund Rodewald, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, 079 406 40 47

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.