Stimme der Natur unnötig geschwächt

 

Der Ständerat hat das Verbandsbeschwerderecht unnötig geschwächt. Dies das Fazit von 16 beschwerdeberechtigten Umweltorganisationen nach dem Abschluss der Beratungen im Ständerat. Die Einsprachemöglichkeiten der Organisationen werden eingeschränkt, Vereinbarungen mit Bauherren machen kaum noch Sinn und der administrative Aufwand steigt für Umweltorganisationen, genauso wie das Kostenrisiko. Der Ständerat will damit den heute schon oft prekären Vollzug der Natur- und Umweltschutzgesetzgebung noch stärker schwächen, als dies die vorberatende Rechtskommission bereits vorsah.

Der Initiator der Debatte, der Zürcher Ständerat Hans Hofmann hat gestern Donnerstag, 6. Oktober in seinem Eintretensvotum die Arbeit der Rechtskommission als „sehr gute, kompetente und gründliche Arbeit“ gelobt. Seine Anliegen seien praktisch vollumfänglich aufgenommen worden. Er appellierte ans Plenum, das „Boot nicht zu überladen“ und die Vorlage rasch rechtskräftig werden zu lassen. Auch der Bundesrat und stellte sich klar hinter die Rechtskommission – genauso wie dies die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer und insbesondere der Kantone getan hat. Anliegen Hofmann (SVP) rechts überholt Der Ständerat folgte der Rechtskommission und damit der Empfehlung von Hofmann jedoch nur teilweise. Der Ständerat schoss über die Ziele der Parla-mentarischen Initiative Hofmann hinaus. So folgte er einem kurzfristig von Carlo Schmid (AI) eingereichten Antrag und stufte die Rolle von Verhandlungen zwischen Umweltorganisationen und Investoren praktisch zur Bedeutungslosigkeit zurück. Dies führt zusammen mit anderen, kurzfristig eingebrachten und wenig durchdachten Änderungen zu mehr Rechtsstreitigkeiten, mehr Arbeit für die Gerichte und längeren Verfahrensdauern. Die Kritik der Umweltorganisationen ist aber auch genereller Art: In der Interessensabwägung zwischen Schutz und Nutzung unserer natürlichen Ressourcen gewichtet der Ständerat private und wirtschaftliche Interessen stärker als bisher. Die UVP und das Verbands-beschwerderecht als die Stimme der Natur werden als lästig angesehen. Argumente statt Emotionen Seit Beginn der Diskussionen zur Parlamentarischen Initiative Hofmann im Februar 2004 signalisierten die Umweltorganisationen der Rechtskommission Gesprächsbereitschaft. Mit Erfolgsbilanzen, Transparenz und laufender Kom-munikation versuchten sie dem gegen sie gezielt aufgebauten Druck zu ent-gegnen. Sie betonten jedoch auch, dass die wirklichen Probleme nicht beim Verbandsbeschwerderecht, sondern bei der teilweise ungenügenden Arbeit der Bewilligungsbehörden, bei zu langen Bearbeitungs- und Behandlungsfristen von Behörden und Gerichten sowie in der Koordination von Umwelt- und Raumplanungsrecht liegen. In jüngster Vergangenheit haben sich der Bundesrat, die Regierungen u.a. der Kantone Bern, Baselland, Graubünden, Schaffhausen und Zürich zum Instru-ment des Verbandsbeschwerderechts bekannt. Diese Woche hat zudem das Parlament des Kantons Waadt eine Abschaffung des Verbandsbeschwerde-rechts im Stimmenverhältnis 93:45 abgelehnt. Die Umweltorganisationen werten dies auch als deutliches Zeichen gegen die verfehlte FDP-Initiative. Die beschwerdeberechtigten Organisationen setzen weiter auf die Kraft der Argumente. Sie hoffen in diesem Sinne auf den Nationalrat und auf Verbesse-rungen der Vorlage in diesem Gremium. Der Ständerat muss hingegen vorwerfen lassen, aus emotionalen Gründen eine Lex-VCS mit Wirkung gegen alle Umweltorganisationen beschlossen zu haben. Weitere Auskünfte: Christof Dietler, Koordination Verbandsbeschwerderecht, 079 777 78 37, Raimund Rodewald, Stiftung für Landschaftsschutz, 031 377 00 77; Philipp Maurer, Heimatschutz, 044 254 57 00; Beat Jans, Pro Natura, 076 346 86 43; Carsten Schmidt, WWF, 076 393 30 60; François Turrian, ASPO/BirdLife-Suisse, 079 318 77 75.

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.