Vollumfängliche Gutheissung der Beschwerde des WWF im Fall Ennenda durch das Verwaltungsgericht

 

Die Gemeinde Ennenda und in zweiter Instanz auch der Regierungsrat des Kantons Glarus hatten dem Abriss und luxuriösen Wiederaufbau eines Ferienhauses in der Landwirtschaftszone der Ennetberge trotz klarem Verstoss gegen das Raumplanungsgesetz zugestimmt. Nun hat das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus die Beschwerde des WWF vollumfänglich gutgeheissen. Die erteilte Baubewilligung wird aufgehoben. Die Gefahr einer schleichenden Aushöhlung des verfassungsmässigen Grundsatzes der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet konnte abgewendet werden. Der Fall zeigt exemplarisch das Versagen der Behörden bei Projekten finanziell potenter Bauherren und belegt gleichzeitig die Notwendigkeit des Verbandsbeschwerderechtes.

Ein in der Landwirtschaftszone bestehendes Ferienhaus in den Ennetbergen in der Gemeinde Ennenda sollte abgerissen und als ständiger Wohnsitz in luxuriösem Baustil neu aufgebaut werden. Der WWF erhob Einsprache und auch drei kantonale Fachstellen lehnten das Gesuch wegen Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften sowie verfassungsmässiger und raum-planerischer Grundsätze ab. Doch kantonale Baudirektion und Gemeinderat setzten sich darüber hinweg und stimmten dem Vorhaben zu.

Der WWF legte Beschwerde beim Regierungsrat ein, der diese trotz der klaren Rechtslage abwies. Erst das Verwaltungsgericht verschaffte dem geltenden Recht Nachachtung: Es hat die Beschwerde des WWF vollumfänglich gutgeheissen und damit den Entscheid des Regierungsrates und die Baubewilligung aufgehoben.

Eine Ersatzbaute ausserhalb der Bauzone ist nur dann zulässig, wenn sie sich an die Identität des Vorgängerbaues in wesentlichen Zügen anlehnt. Keine Wahrung der Identität liegt gemäss Raumplanungsrecht vor, wenn die zonenwidrig genutzte Fläche um mehr als 30 Prozent oder 100 m2 erweitert wird. Beide Werte wären im geplanten Wohnhaus massiv überschritten worden: Die Ersatzbaute hätte eine Flächensteigerung von 155 Prozent und eine Vergrösserung von 245 m2 gegenüber heute gebracht. Das Verwaltungsgericht stellt nun aber fest, dass die Bauherrschaft die Volumenausdehnung um 30% bereits mit einer Erweiterung im Jahre 1988 ausgeschöpft hat.

Die Bauherrschaft glaubte, dass die rechtswidrige Mehrfläche durch Zukauf und Abriss von Bauten irgendwelcher Art (Wohnhaus, Stall oder Bunker) im Umkreis kompensiert werden könne. Ein solcher Flächentransfer oder Realkompensation ist aber raumplanungsrechtlich klar unzulässig, weil damit das wichtigste Anliegen des Raumplanungsrechtes, nämlich die strenge Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet, ausgehöhlt würde. Alle Besitzer eines kleinen Ferienhauses in den Bergen könnten sich sonst auf diese Weise ein paar Ställe und Bunker zusammenkaufen, diese und ihr Ferienhaus abreissen und an deren Stelle eine Villa zur ständigen Wohnnutzung bauen. Im Rahmen der laufenden Revision des kantonalen Richtplans hat das Bundesamt für Raumentwicklung ARE ebenfalls die Unzulässigkeit eines solchen Kubaturtransfers bekräftigt. Nun hält auch das Verwaltungsgericht zustimmend fest, dass ein solcher Flächentransfer weder den wichtigen Abliegen der Raumplanung entspricht noch auf eine gesetzliche Grundlage abgestützt werden kann.

Das Projekt war schon im Gemeinderat Ennenda umstritten und führte zum Rücktritt des Baupräsidenten. Dieser sah in der Bewilligung zu Recht den verfassungsmässigen Grundsatz der Rechtsgleichheit missachtet. Der Entscheid des Gemeinde- und Regierungsrates war vom Wunsch geprägt, einen neuen potenten Steuerzahler in den Kanton zu holen. Der Fall zeigt einmal mehr mit aller Deutlichkeit, wie wichtig das Verbandsbeschwerderecht für die Umsetzung des materiellen Umweltrechts und damit für den Schutz der Umwelt ist. Gegner des Ver-bandsbeschwerderechts argumentieren immer wieder, es sei nicht Aufgabe der Verbände, für die Einhaltung des Rechts zu sorgen; das sei Aufgabe der zuständigen Bewilligungsbehörden. Dass diese Argumentation zumindest völlig blauäugig ist und an der Realität vorbeigeht, zeigt der Fall Ennenda beispielhaft.



Weitere Informationen:
Dr. Stefan Paradowski, Geschäftsführer WWF Glarus, 055 640 84 09 / 079 574 72 83
Carsten Schmidt, Leiter Rechtsdienst WWF Schweiz, 076 393 30 60 (vor allem für Fragen mit Bezug zum Verbandsbeschwerderecht)

 

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