Ohne Verbandsbeschwerderecht würde Graubünden ärmer aussehen

 

Bündner Umweltverbände setzen das Instrument zurückhaltend, konstruktiv und effizient ein. An einer Medienkonferenz in Chur haben die Bündner Umweltorganisationen Pro Natura, WWF und VCS das Verbandsbeschwerderecht verteidigt und die Bedeutung dieses Instrumentes für den Tourismuskanton unterstrichen. Die massiven Vorwürfe gegen die Bündner Umweltorganisationen, insbesondere von FDP-Seite, wurden als populistisch und unhaltbar kritisiert und mit Fakten widerlegt. Die Umweltorganisationen fordern eine sachliche Diskussion rund um das Verbandsbeschwerderecht.

Viele Landschaften in Graubünden wie die Greina, die Oberengadiner Seenlandschaft, die Flusslandschaft zwischen Klosters und Küblis oder das Fondei wären ohne Verbandsbeschwerderecht heute wohl kaum Aushängeschilder des Tourismuskantons Graubünden. “Dank dem Verbandsbeschwerderecht und seiner präventiven Wirkung konnten in Graubünden national bedeutsame Landschaften vor der Zerstörung gerettet werden”, sagte Christian Geiger, Geschäftsführer Pro Natura Graubünden. Die Bündner Umweltorganisationen haben ausserdem aufgezeigt, dass sie das Beschwerderecht sehr zurückhaltend, konstruktiv und effizient nutzen. Bei etwa 7000 BAB-Verfahren (Bauten ausserhalb der Bauzone), Rodungen, Ortsplanungsrevisionen sowie Umweltverträglichkeitsberichten, die seit dem Jahr 2000 öffentlich aufgelegt wurden, haben die Umweltverbände nur gerade 47 Einsprachen erhoben. Das sind knapp 10 Einsprachen pro Jahr oder 6 Promille aller Ausschreibungen. Beim grössten Teil der Einsprachen führt ein Gespräch oder eine Vereinbarung mit den Projektanten rasch zu einer einvernehmlichen Lösung. Zu einem weiteren Verfahrensschritt kommt es selten. Durchschnittlich reichen die Umweltorganisationen eine Beschwerde pro Jahr ein, die vor den Gerichten sehr erfolgreich sind. Die Verfahrensdauer der inzwischen abgeschlossenen Fälle betrug von der Ausschreibung bis zur Bewilligung durchschnittlich 6 Monate, was für die meist komplizierten Projekte sehr kurz ist.
Die Behauptung von FDP-Vertretern, dass das Beschwerderecht in Graubünden zahlreiche Projekte in Millionenhöhe blockiere, entbehrt damit jeglicher Grundlage. Der Vorwurf, dass die Mitwirkung der Umweltorganisationen bei der Ski-WM St. Moritz einem “Kuhhandel im gotthelfschen Sinn” gleichkomme, ist unhaltbar und populistisch. Die Ski-WM gilt heute vielmehr als beispielhaftes Win-Win-Projekt. “Den FDP-Politikern ist jedes Mittel recht, um ihre Position zu untermauern. Die Fakten spielen dabei keine Rolle”, kritisierte Anita Mazzetta, Geschäftsführerin WWF Graubünden. Die Umweltorganisationen würden einzig die Einhaltung der Umweltgesetzgebung einfordern – nicht mehr und nicht weniger. Sie haben zudem oft genug gezeigt, dass sie zu konstruktiven und effizienten Lösungen bereit sind.
Der Tourismuskanton Graubünden müsste eigentlich froh um das Verbandsbeschwerderecht sein, da dieses den Interessensausgleich zwischen Schutz und Nutzung ermöglicht. Eine intakte Landschaft und Natur ist schliesslich für den Wirtschafts-, Wohn- und Erholungsraum Graubünden der wichtigste Standortvorteil. Die FDP-Volksinitiative, die das Verbandsbeschwerderecht nach Volksentscheiden abschaffen will, ist darum für den Wirtschaftsstandort Graubünden kontraproduktiv. Ohne diese Rekursmöglichkeit müssten sich die Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden bei Strassen, Parkhäusern, Bahnlinien, Staumauern, Flughäfen, Sportanlagen, Kraftwerksprojekten, Skigebietserweiterungen, Deponien, Kiesgruben oder Übertragungsleitungen keine Sorgen um lästige Vorschriften – wie das Umweltschutz- oder Natur- und Heimatschutzgesetz – mehr machen. “Mit ihrer Initiative tappt die FDP in eine Populismusfalle, weil sie Demokratie und Rechtsstaat durcheinander bringt”, betonte Stefan Grass, Präsident des VCS Graubünden. Die Umweltverbände fordern endlich eine sachliche Diskussion rund um das Verbandsbeschwerderecht in Graubünden.

Weitere Informationen:
Christian Geiger, Geschäftsführer Pro Natura Graubünden, 081 252 40 39, pronatura-gr@pronatura.ch
Anita Mazzetta, Geschäftsführerin WWF Graubünden, 081 250 23 00, info@wwf-gr.ch
Stefan Grass, Präsident VCS Graubünden, 081 250 67 22, stefangrass@bluewin.ch
Weitere Informationen zur Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden:
Chasper Lüthi, Golf Samedan, 081 851 04 66

 

Aqua Viva, Archäologie Schweiz, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Alpen-Initiative, Equiterre, Greenpeace, Greina-Stiftung, Helvetia Nostra/Fondation Franz Weber, Mountain Wilderness, Naturfreunde Schweiz, Praktischer Umweltschutz Schweiz, Pro Natura, Rheinaubund, SAC-Schweizer Alpenclub, Schweizerische Energie-Stiftung, Schweizerischer Fischerei-Verband, Schweizerische Gesellschaft für Höhlenforschung, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Wanderwege SAW, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, SVS/BirdLife Schweiz, VCS Schweiz, WWF.